Selten wurde unsere Lebensmittel so gründlich geprüft, bewertet und anschließend mit Gütesiegeln gekennzeichnet wie heute. Und selten blieb die Frage, ob wirklich Bio drin ist, wenn Bio drauf steht, so oft unbeantwortet wie heute. Wer hatte beim Anblick der Vielzahl von Siegeln und Kennzeichnungen nicht schon das Gefühl, dass dadurch eher verschleiert als aufgeklärt wird, was man da tatsächlich isst? Schließlich verleihen viele Hersteller sich einfach selbst wohlklingende Siegel und Kennzeichnungen.
Vielen ist bewusst, dass man sich längst nicht mehr auf die Packungsbilder von glücklichen Kühen auf saftigen Weiden und Bezeichnungen wie „naturnah“ und „kontrolliert“ verlassen sollte. Woran man sich stattdessen orientieren kann, ohne auf den nächsten Trick hereinzufallen, ist nur mit einem gewissen Rechercheaufwand herauszufinden.
Staatliche und andere Biosiegel
Das bekannte sechseckige Biosiegel wurde 2001 eingeführt und steht für die Kriterien der EG-Öko-Verordnung. Seit Juli 2010 müssen verpackte und in der EU hergestellte Bioprodukte das Sternenblatt Logo tragen, welches aber für die gleichen Standards steht wie das bekannte Biosiegel. Diese beiden Siegel stehen für Mindeststandards und bieten dem Verbraucher eine sichere und verlässliche Orientierung. Nur, wenn diese Siegel auf dem Produkt zu finden sind, kann davon ausgegangen werden, dass zumindest die EG-Richtlinien bei der Herstellung eingehalten wurden.
Seit 2009 existiert zudem ein „ohne Gentechnik“ Siegel, mit dem konventionelle Tierprodukte wie Milch, Fleisch oder Eier gekennzeichnet werden können, bei deren Herstellung keine gentechnisch veränderten Futtermittel verwendet wurden. Auch dieses Siegel gibt verlässlich Auskunft über ein gekennzeichnetes Produkt.
Diese drei Siegel sind die einzigen drei staatlichen Qualitätssiegel für Lebensmittel:
Darüber hinaus gibt es Siegel verschiedener Verbände von Bio-Bauern, die für noch strengere Richtlinien als die EG-Öko-Verordnung stehen. Zu diesen Verbänden gehören z.B. Demeter-Bund e.V., Bioland e.V. und Naturland. Eine genauere Auflistung folgt im weiteren Verlauf.
Mindeststandards für staatliche Biosiegel
Diese Mindeststandards sind Folgende:
– Maximal 5% aller Zutaten landwirtschaftlichen Ursprungs dürften im Rahmen streng geregelter Ausnahmen nichtökologisch sein, wenn sie nicht in ökologischer Qualität verfügbar sind. Wasser, Salz und Hefe gehören zu den erlaubten, nichtökologischen Zutaten.
– Unter der Bezeichnung „Bio“ oder „Öko“ dürfen nur Produkte verkauft werden, deren Erzeuger, Verarbeitungs- und Importunternehmen den Anforderungen der Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau gerecht werden und sich den vorgeschriebenen Kontrollen unterziehen (mindestens einmal im Jahr).
– Die Codenummer der zuständigen Öko-Kontrollstelle muss bei der Kennzeichnung eines Produkts angegeben werden. Das Schema der Nummer ist: DE-ÖKO-000, wobei „DE“ für Deutschland und „000“ für die Kennziffer der Kontrollstelle steht.
– Verboten ist Bio-Bauern die Verwendung genetisch veränderter Erzeugnisse, Gewürze und Kräuter zur Abtötung von Parasiten und Haltbarmachung radioaktiver Strahlung auszusetzen oder chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel zu verwenden.
– Tiere müssen artgerecht gehalten werden; zusätzliches Futter muss ökologisch produziert sein. Antibiotika und Wachstumsförderer sind verboten.
Weitere Biosiegel
Die meisten der deutschen Bio-Bauern sind in Verbänden organisiert. Produkte, die das Siegel dieser Verbände tragen, sind zu 100% biologisch. Diese Verbände sind Bioland, Demeter, Naturland, Gäa, Biokreis, Biopark und Ecokreis. Teilweise sind diese Verbände bisher nur regional aktiv, aber ihre Siegel bedeuten verlässliche Bioqualität.
Die großen deutschen Supermarktketten haben vielfach eigene Biomarken mit eigenen Siegeln entwickelt. Produkte mit diesen Siegeln sind nicht unbedingt zu 100% biologisch hergestellt, aber zumindest zu 95% und entsprechend damit den Standards der staatlichen Biosiegel. Aber auch hier gilt, dass nur die staatlichen Biosiegel Gewissheit darüber geben, dass die Mindeststandards für Bioprodukte eingehalten wurden.
Der BUND hat in diesem Infoblatt die verschiedenen Biosiegel betrachtet und gibt Empfehlungen, welchen besonders zu vertrauen ist.
Probleme des staatlichen Biosiegels
Trotz der Vorteile der staatlichen Biosiegel, die dem Verbraucher eine verlässliche Sicherheit geben, bestehen einige Probleme auch bei Produkten, die sich für diese Siegel qualifiziert haben. So werden Bioprodukte nicht zwangsweise ökologisch erzeugt, da der Wasserverbrauch bei der Festlegung des Bio-Standards nicht berücksichtigt wird.
Auch irreführende Vermarktung wird durch die Biosiegel nicht verhindert: Limonaden ohne Fruchtsaft mit Geschmackstoffen aus Papierabfall und Schimmelpilzen können ebenso das Biosiegel bekommen wie überzuckerte Frühstücksprodukte für Kinder, die alles andere als gesund sind.
Fazit
Wer sicher gehen will, dass er auch tatsächlich Bioprodukte kauft und nicht von den nicht aussagekräftigen Siegeln der Hersteller in die Irre geführt werden will, sollte Ausschau nach den staatlichen Biosiegeln halten. Wer darüber hinaus Produkte kaufen möchte, die zu 100% biologisch hergestellt wurden, hat in diesem Artikel hoffentlich die nötige Hilfe gefunden. Wer weiß, in welchem Supermarkt er einkauft, kann vor dem nächsten Einkauf versuchen im Internet mehr über die jeweils dort angebotenen Bioartikel herauszufinden oder druckt sich die Biosiegel, denen er vertraut, aus und nimmt sie zusammen mit dem Einkaufszettel mit. Auch der Einkauf beim örtlichen Bauern kann helfen, sofern man die Möglichkeit dazu hat.
Links
www.foodwatch.de: Neues Bio-Siegel: Ein Sternenblatt für Europa
www.bmelv.de: Das staatliche Bio-Siegel
www.mbelv.de: Logo “Ohne Gentechnik”
www.geo.de: Was bedeuteten Bio-Siegel und Öko-Zeichen?